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Schultze, Johannes, Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte, NF 98. Jg. 1962 ; S. 1 – 11 (gekürzt)…
Klammern: [ ] bezeichnen Zusätze des Herausgebers, ( ) Schaltungen, die als solche in der Vorlage bezeichnet sind; letztere können auch, wenn Vorlage dies tut, in Gedankenstriche eingeschlossen werden. Die Verwendung anderer Klammerformen bleibt in besonderen Fällen dem Bearbeiter freigestellt.
Versehen der Vorlage werden an der Stelle, wo das Versehen empfunden wird, mit [!] gekennzeichnet. Eine unsichere Lesung wird mit P1 angedeutet. Ob Verfehlungen in der Satzkonstruktion (versehentliche Schreibung) zu verbessern (alsdann Text als Variante) oder zu belassen (Kennzeichnung wie oben) sind, muß Herausgeber entscheiden 1). Herausgeber muß ebenfalls bestimmen, inwieweit bei Vorlagen der Gruppe II B oder fremdsprachlichen Texten stillschweigende Verbesserung bedeutungsloser Schreibversehen am Platze ist.
In der Vorlage von deren Schreiber hervorgehobene Stelle e n (etwa durch Unterstreichung, wobei deren Bedeutung als Tilgung in älteren Texten zu beachten ist) sind zu kennzeichnen, am einfachsten durch Sperrdruck, wenn dieser nicht anderweitig angewendet wird. Sonst ist, besonders wenn der Text dadurch unübersichtlich wird, die Anmerkung zu wählen, durch die sich allein doppelte oder mehrfache oder zweifelhafte Unterstreichungen ausreichend kennzeichnen lassen.
Sachlich oder stilistisch bedeutsame Streichungen oder sonstige Tilgungen in der Vorlage sind besonders zu kennzeichnen, etwa durch Anmerkung oder spitze Klammern.
Auslassungen des Herausgebers werden durch [. . .] gekennzeichnet, möglichst mit stichwortartiger Inhaltsangabe in einer Note. Läßt Herausgeber bestimmte Floskeln regelmäßig fort, genügt Hinweis darauf in der Vorbemerkung. Lücken der Vorlage infolge Verderbung werden, wenn nicht mit größter Wahrscheinlichkeit ausfüllbar, durch . . . ohne Klammern angedeutet, wobei bei einzelnen Worten die Zahl der Punkte der ungefähren Buchstabenzahl angepaßt und die Verderbung durch Fußnote bezeichnet wird. Die vorgenommene Ergänzung ist durch Einschluß in [ ] oder Kursivdruck oder durch Anmerkung zu kennzeichnen. In der Vorlage freigelassene Stellen, etwa zum Zwecke späterer, jedoch nicht erfolgter Er‑
gänzung werden durch — — — gekennzeichnet, können auch, vom Herausgeber, wenn sachliche Zweifel nicht bestehen, in [ ] ergänzt werden. Stellt Herausgeber Lücken der Vorlage fest, die äußerlich nicht zutage treten, so werden solche versehentlichen Auslassungen der Vorlage mit [.„„] angedeutet, soweit nicht Ergänzung nach anderer Vorlage in Kursivdruck oder im Variantenapparat möglich ist oder nach § 4 verfahren werden kann.
Von Ausstellerseite herrührende Z u s ä t z e, die nicht getilgt sind, gehören in den Text, sind aber als solche ebenso wie Unterschiede der Hände unter den Varianten, fremde Zusätze (z. B. Glossen) dagegen in einer Note anzumerken.
Römische Zahlen sind, wenn nicht besondere Gründe dagegen sprechen, in arabischen Zeichen zu geben. Textkritische (z. B. Varianten) und sachliche An-m e r k u n g e n (Texterklärungen, historische und biographische Erläuterungen des Bearbeiters) sind voneinander zu trennen. Sie müssen jedoch beide dem Text so nahe wie möglich (seiten-, stück-weis) folgen.
Kürzungen. Alle Kürzungen sind, soweit es sich nicht um allgemeingebräuchliche und verständliche Abkürzungen oder um unsicher zu deutende Worte handelt, in möglichstem Anschluß an Sprachgebrauch oder Schreibgewohnheit des Schreibers oder der Kanzlei aufzulösen (z. B. prae oder pre, und oder unde). Alle einwandfreien Auflösungen erfolgen ohne Kennzeichnung. Zweifelhafte sind durch Anmerkung zu begründen oder durch eckige Klammern oder Kursivdruck zu kennzeichnen. Die eckige Klammer ist zu verwenden, wenn Kürzungen ohne Kürzungszeichen aufgelöst werden und als solche bezeichnet werden sollen (z. B. erzog], z[u] S[achsen]), doch kann hier, soweit selbstverständlich, stillschweigende Ergänzung erfolgen.
Abkürzungen und Siglen sind vom Bearbeiter möglichst nur bei regelmäßig und häufig wiederkehrenden Worten, wie Titeln, Anredeformeln, Maß-, Münz- und Gewichtsbezeichnungen zu gebrauchen. Eine Ubersicht der angewandten Siglen ist am Anfang jedes Bandes zu geben. Ratschläge für die Bildung von Siglen und Abkürzungen gibt z. B. Walter Kaemmerer, Zum gegenwärtigen Standort der Reichstagsakten, in „Aus Reichstagsakten des 15. und
Bei allen Stücken ist zu Beginn-oder am Schluß die genaue Bezeichnung der Überlieferungsform der Druckvorlage zu geben. Hieran schließen sich die erforderlichen Druck- und Literaturhinweise. Es ist Sache des Bearbeiters, nach Maßgabe der Art des Materials bestimmte Bezeichnungen zu wählen, welche Art und Form der Überlieferung (den aktenmäßigen Befund) deutlich erkennen lassen. Dabei dürfen die in einer bestimmten Kanzlei eingeführten Fachausdrücke verwendet werden. Vorgeschlagen wird Gebrauch nachstehender Bezeichnungen, die natürlich nicht in jedem einzelnen Fall sämtlich vertreten sein werden.
Die Bezeichnungen „Original“ oder „Autograph“ sind, da vieldeutig, zu vermeiden. Die Ordnung der Überlieferungsformen bleibt dem Herausgeber überlassen. Die Überlieferungsformen, von denen er in den Varianten Gebrauch gemacht hat, können hier sogleich mit den dort angewendeten Siglen versehen werden. Voranzustellen ist in der Regel ‚Überlieferung b. Die dazugehörigen Archivsignaturen sind genau anzugeben.
K Kanzleivermerke des Ausstellers (Kanzleiunterfertigungen und sonstige Vermerke) sowie des Empfängers (Präsentatum, Beantwortungsvermerk) oder Registrata-Angaben und Archivvermerke sind, falls nicht unwesentlich, aufzunehmen.
Ebenso ist in der Regel über Besiegelung, Unterschriften, Format, Wasserzeichen und weitere äußere Merkmale zu berichten. G e h e i m s c h r i f t en (chiffrierte Texte) sind möglichst entziffert zu bieten. Liegt Auflösung des Empfängers vor, kann auf die Wiedergabe der Chiffren verzichtet werden; in jedem Falle ist die Chiffrierung zu charakterisieren. Ist eine Entzifferung nicht möglich, muß der Chiffrentext wiedergegeben werden. Dechiffrierung des Bearbeiters erfolgt in Kursive oder eckigen Klammern, und zwar in moderner Form.
Alle Stücke sind mit Übers c h r i f t und Datum zu versehen, und zwar Datum in der Reihenfolge: Jahr, Monat, Tag. Bei Briefen, die selbst das Datum am Kopf tragen, ist selbstverständlich Reihenfolge der Vorlage zu belassen, und es erübrigt sich Wiederholung in der Überschrift. Im übrigen genügt, besonders bei Briefen, Angabe des Ausstellers, Empfängers und des aufgelösten Datums. Inwieweit der sachliche Inhalt herauszuheben ist, bleibt dem Bearbeiter überlassen.
Datier u n g. Ab 1582 ist, solange der Julianische Kalender in der betreffenden Landschaft in Gebrauch war, das Datum nach Gregorianischem Kalender in eckigen Klammern hinzuzufügen. Steht in der Übergangszeit allein das neue Datum, empfiehlt sich der Zusatz [n. st.]. Bei Jahreszahlen sind die oft fortgelassenen Hunderte in [ ] hinzuzufügen; sie sind stets in Ziffern, nicht in Worten, wiederzugeben. Monatsbezeichnungen in Ziffern sind aufzulösen (Septembris statt 7bris).
Die chronologische Anordnung erfolgt in der Regel nach dem Auslaufsdatum, wenn die einzelnen Stücke nicht in einheitliche Gruppen, die dem Herkunftsgrundsatz entsprechen, eingeordnet werden. Sieht sich Bearbeiter durch die Eigenart des Materials (z. B. Landtagsakten) veranlaßt, den Einlauf nach dem Einlaufsdatum einzuordnen, so ist unter dem Auslaufsdatum darauf zu verweisen. Ebenso ist umgekehrt ein Verweis bei dem Einlaufsdatum zum Verständnis des Zusammenhangs unter Umständen zweckmäßig. Solche Verweise können auch durch chronologische Übersichten ersetzt werden. Bei umfangreichen Stücken, die Vorgänge aus mehreren Jahren umfassen, empfiehlt sich Zusatz der Jahreszahl am Rande bei Beginn eines neuen Jahres.
Die Wahl verschiedener Druckarten (Drucktypen) etwa zur Unterscheidung verschiedener Stoffe (z. B. Beilagen, chiffrierte Teile, spätere Zusätze, Zitate) muß je nach Sachlage und Beschaffenheit der Ausgabe dem Bearbeiter überlassen bleiben. Es wird empfohlen, Kur s i v d r u c k zu verwenden für Zusätze, Verbesserungen des Herausgebers innerhalb der Texte (soweit nicht eckige Klammern gemäß § 3 gewählt werden) sowie für sonstige Bemerkungen des Herausgebers außerhalb des Textdruckes und für die Überschriften. Für Texte und Textstellen, welche bestimmt nachweisbare Vorlagen wörtlich wiederholen oder bereits anderweitig gedruckt sind, empfiehlt sich in der Regel ein kleinerer Schriftgrad. Die Bedeutung des angewandten Letternwechsels ist in den Vorbemerkungen anzugeben.
Die Seiten-(Blatt-)Zahlen bzw. Anfänge der Vorlagen sind nur bei einheitlichen Vorlagen (Chroniken, Tagebüchern und bei anderen langen Stücken) anzumerken, um das Auffinden in der Handschrift zu erleichtern.
Unerläßlich ist die Beigabe eines Index (Orts-, Personen-, Sich-und Wortweiser).
Besondere Behandlung erfordern die Texte, die nicht einer gefestigten Kanzleischreibung oder der Schriftsprache folgen. Eine zeitliche Grenze läßt sich dafür nicht ansetzen; sie wird bei Akten größerer Kanzleien mehr oder weniger weit in das 16. Jh. hineinreichen. Herausgeber wird in jedem einzelnen Falle die Voraussetzungen zu prüfen haben, welche ein Abweichen von der nachstehend unter A gegebenen strengeren Behandlung der Texte ermöglichen, und diese einleitend begründen.
Alle Schreibungen, die als Merkmale der Aus spr a-c h e oder der Mundart vom Bearbeiter erkannt werden können, sind zu beachten und möglichst wiederzugeben. Dies bedeutet nicht ohne weiteres buchstabengetreue Wiedergabe; es ist dabei auf die Lesbar- keit Rücksicht zu nehmen. Buchstabengetreue Wiedergabe ist in besonderen Fällen gerechtfertigt, wie insbesondere bei eigenhändigen Schriften hervorragender Persönlichkeiten.
V o k a 1 i s m u s. Besondere Aufmerksamkeit erfordern Längen-, Umlauts- und Diphthongbezeichnungen, d. h. entsprechende Zeichen über den Vokalen. Zeichen, die lediglich dazu dienen, um n und u zu unterscheiden, bleiben unbeachtet. Dagegen sind übergeschriebene Buchstaben e, a, o, u, wenn sie als solche deutlich erkennbar sind, wie in der Vorlage zu geben, z. B.: ä ä. ü “T als besondere Eigenheiten der verschiedenen Mundarten. Das Herunterrücken des übergeschriebenen Vokals ist zu vermeiden.
Ist ein e über einem Vokal nur undeutlich oder durch zwei schräg gestellte Punkte angedeutet, so wird dafür ein doppelter Punkt oder e gesetzt, wenn es einen Umlaut bezeichnet. Besteht im Einzelfall völlige Unklarheit, ist der Vokalismus der sonstigen Schreibweise -oder dem modernen Gebrauch anzugleichen. Ergeben sich Schwierigkeiten durch das Fehlen entsprechender Lettern bei der Druckerei,
so könnte man sich helfen durch Druck der übergeschriebenen Buchstaben als Exponenten (ea statt e) und Erläuterung dieses Notbehelfs in der Vorbemerkung. Sind Schwierigkeiten nicht zu beheben, so lassen sich ebenfalls durch einleitende Beschreibung der vokal- schen Sonderheiten und durch Merkzeichen bei sich wiederholenden bestimmten Eigenheiten Vereinfachungen erzielen. y wird in Eigent namen stets, aber Auch sonst möglichst beibehaltest, wobei Verwechslung mit ij zu vermeiden ist; ij für langes i verbleibt ebenfalls.
j und v werden konsonantisch verwendet, i und u nur vokalisch (und nicht vnd, brive nicht briue); j als reiner Vokal wird durch i ersetzt (in statt jn). Dagegen ist überall, wo sowohl konsonantische als auch vokalische Aussprache möglich wäre, der Vorlage zu folgen (ie, ieman oder je, jeman). w bleibt wie in der Vorlage, wenn es nicht ohne weiteres dem reinen Selbstlaut u entspricht (bawen nicht bauen, Clawes nicht Claus, neuwen nicht neuen, newen nicht neben, dagegen zu statt zw). uu als reiner Mitlaut w wird durch w ersetzt (bawen für bauuen).
Konsonantismu s. Vereinfachungen von Konsonantenhäufungen treten überall ein, wenn sie sprachlich bedeutungslos sind (z. B. Doppel-n am Wortschluß oder vor Konsonanten: in statt Inn, und statt unnd, bei Doppelschreibung am Wortanfang oder nach anderem Konsonant: fürst nicht ffürst, dorf statt dorff, solt nicht soltt usw.). Dagegen sind Verdoppelungen, die Vokalkürze andeuten können, beizubehalten (wegk, hoff, nemmen). Beizubehalten wäre auch ein vorgesetztes h als Dehnungszeichen (z. B. sthen). Schwierigkeiten bereitet meist die Schreibung cz oder tz. Lassen sich t und c nicht deutlich unterscheiden, so ist tz zu schreiben (nutzen, gotz, geltz, nicht nuczen, gelcz). Am Wortanfang tritt anstelle cz, tz einfaches z ein (zu, zit für czu, tzit). f und v, b und w wie in Vorlage (Vogt oder fogt, albeg oder alweg); die Normalisierung ist zulässig, wenn Vorlage einheitlich schreibt, mit Variantenangabe beim ersten Vorkommen. s und z wie in Vorlage, das gleiche ist auch bei 13 anzustreben; ein mit Kürzungsschnörkeln ver- sehenes s darf nicht mit ß verwechselt werden. ß ist niemals mit sz, sondern nur mit ß oder ss wiederzugeben.
Eigennamen sind, auch wenn die Schreibung innerhalb des Stückes wechselt, nach Vorlage zu geben. Etwa vorgenommene Vereinheitlichung ist anzumerken.
Bei Zugrundeliegen von Abschriften, insbesondere jüngerer, kann weniger schonend verfahren und auch moderne Schreibung angewendet werden, doch sind die Grundsätze dabei anzugeben.
Anfangsbuchstabe n. Große Anfangsbuchstaben nur
Trennung und Verbindung von Wörtern nach heutigem Brauch (ze sprechen für zesprechen, dieweil für die weil, Churmark für Chur Marck.
Deutsche Texte, die einer Kanzlei- oder der Schriftsprache folgen
Die Eigenheiten der betreffenden Kanzleisprache sind in der Vorbemerkung zu kennzeichnen. Die aus der Ausstellerkanzlei stammenden Stücke sind alsdann danach unter Wahrung besonderer Eigenheiten zu normalisieren. Buchstabengetreue Wiedergabe kommt bei neueren Quellen nur noch in Frage:
Eingestreute fremdsprachliche Ausdrücke bedürfen im allgemeinen keiner besonderen Kennzeichnung.
Eigennamen nach Vorlage. Bei Texten des 18. bis 20. Jhs. empfiehlt es sich im allgemeinen, die später amtlich gewordene Schreibung der Orts- und Familiennamen einzusetzen..
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