Über mich und die alten Handschriften

Wie kommt man eigentlich in der heutigen Zeit dazu, sich für alte Schriften zu interessieren? Eine interessante Frage, auf die jeder Handschriftenfreund sicher seine individuelle Antwort geben könnte.

Die Einen stoßen vielleicht bei Ihrer täglichen Arbeit immer wieder auf alte Schriften, welche sie aber leider nicht in der Lage sind zu entziffern. Andere benötigen handschriftliche Kenntnisse für ihr Studium und wieder Andere finden einfach gefallen an der alten, schon beinahe ausgestorbenen Kunst des handschriftlichen Schreibens. In Zeiten der elektronischen Textverarbeitung scheint leider gerade diese Liebe für die Handschrift, an der man doch so viel mehr ablesen kann als den bloßen Inhalt und die Form eines Textes, immer weiter in Vergessenheit zu geraten.

Mein persönliches Interesse an alten Handschriften, begann zu dem Zeitpunkt als ich anfing meine Familiengeschichte zu erforschen. Für jeden Ahnenforscher ist es natürlich wichtig in alten Standesamtunterlagen und Kirchenbüchern lesen zu können. Dies allein ist aber noch kein Grund ein Handschriftenseminar zu besuchen oder sich ernsthaft mit alten Schriften auseinander zusetzen, denn auch mit nur rudimentären Schriftkenntnissen ist es durchaus möglich, die immer gleichen Texte von Geburt, Heirat und Tod eines Ahnen zu lesen. Wer sich aber wirklich ernsthaft mit seiner Familiengeschichte auseinandersetzen möchte, gelangt irgendwann an den Punkt, an dem er auch weiterführende Quellen in Archiven auswerten muss oder sollte.

So saß ich eines Tages im Landeshauptarchiv in Koblenz und blätterte in einem Buch aus dem 18. Jahrhundert und ich konnte nichts, aber auch gar nichts, daraus entziffern. Dennoch kämpfte ich mich durch dieses alte Buch, auf der Suche nach einem Namen, der mir evtl. bekannt vorkam – und ich fand Ihn!

Da stand er nun direkt vor meinen Augen, doch so sehr ich mich auch bemühte, war ich nicht in der Lage dazu, auch nur ein weiteres Wort auf der Seite zu deuten! Was also nutzte mir ein Name ohne den weiteren Inhalt des Textes zu kennen? Ich fragte die Lesesaalaufsicht, ob sie mir vielleicht helfen könnte, doch auch Sie konnte die Schrift nicht lesen. Ich muss wohl sehr verzweifelt ausgesehen haben, denn kurz darauf stand ein älterer Herr vor mir und fragte mich, ob ich ein Problem hätte und ob er mir vielleicht behilflich sein könnte. Dieser nette Mensch las mir mit einer derartigen Geschwindigkeit den Inhalt der Buchseite vor, dass ich damals echte Probleme hatte mitzuschreiben. Darüber hinaus brachte er mir noch ein Wörterbuch, damit ich auch den Sinn des in dem alten Deutsch geschriebenen Schriftstückes, begreifen konnte.

Ich war wirklich fasziniert von dieser eindrucksvollen Demonstration alter Lesekunst und wünschte mir natürlich diese auch zu beherrschen.

So begann meine Liebe zu alten Handschriften.

Mein Weg führte mich zunächst in ein Handschriftenseminar in dem ich die Grundkenntnisse erwarb und zusammen mit einer Gruppe Gleichgesinnter mein erstes großes Transkriptionsprojekt startete in dem es um die Briefkorrespondenz eines Schlossverwalters während des ersten Koalitionskrieges 1792-1815 ging.

Ziel dieses Projektes war es, unsere Arbeit anschließend zu publizieren und hierdurch anderen Interessierten, welche nicht in der Lage waren, die alten Handschriften zu entziffern, die Geschichte der vergangenen Epochen zugänglich zu machen. Wir arbeiteten gewissenhaft mit den gängigen Editionsrichtlinien so dass wir letztendlich eine historische Quelle in Form einer Edition veröffentlichen konnten und sie dadurch für die wissenschaftliche Arbeit zur Verfügung stellten, denn selbst bei studierten Historikern ist die Kunst der Paläographie immer unbekannter da in den modernen Bachelor oder Masterstudiengängen kaum noch Zeit für diese Hilfswissenschaft ist.

Diesem Projekt folgten weitere Projekte und Ausarbeitungen die ich während meines Studium in Kulturwissenschaften erarbeitete.

Darunter war die Auswertung und Transkription eines mehr als 400 Seiten starken Aktenbestandes rund um das Thema „Waldgeding“ aus dem 17.&18. Jahrhundert eine Arbeit, die heute im Stadtarchiv Leverkusen einsehbar ist. Zudem habe ich als Beispiel meiner Bachelorarbeit über „Soziale Strukturen im Montanwesen des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts: Das Beispiel Freusburg“ wichtige bisher unerforschte Quellen hinzufügen.

Nach nun beinahe 10 Jahren Erfahrung mit alten Handschriften habe ich nun beschlossen meine Dienste hier auf diesen Seiten anzubieten, um all denjenigen zu helfen alte Schriftstücke zu transkribieren, die wenig Zeit oder Muße haben diese Kunst selbst zu erlernen.

Rebecca Schäfer, 2018